DE:
„Man spricht Deutsch“ ist ein autobiografisches Kunstprojekt von Sandra Singh und Francesco Giordano, welches sich auf kooperative und experimentelle Weise mit Alltagsrassismus, deutscher Migrationsgeschichte und der Medienlandschaft der 00er Jahre auseinandersetzt.
Politik und Gesellschaft haben über Jahrzehnte aktiv verhindert, dass die Kinder von Migrant*innen ihre Muttersprache erlernen. „Bei uns spricht man Deutsch, auch zu Hause!“ war der Leitsatz, den Eltern bereits im Kindergarten streng vermittelt wurde. Damit wurde klar impliziert: Wenn die Kinder eine andere Sprache, ihre Muttersprache und damit ihre Kultur erlernen, dann schadet das ihrem Leben in Deutschland – ihrer Schulleistung, ihrer Integration, ihrer Zukunft. Sei es das angestrebte Gesetz der CSU, dass man daheim nur noch Deutsch reden dürfte oder das gelebte, wenn auch nirgends aufgeschriebene Gesetz, dass auf dem Schulhof „Türkisch-Verbot“ herrschte – andere Sprachen als Deutsch waren unerwünscht und schadhaft. Aber nur bestimmte Sprachen. Die gesellschaftliche Ächtung galt hauptsächlich den Sprachen der Zuwandererfamilien: Türkisch, Arabisch, Albanisch, Italienisch, Spanisch, Farsi, Punjabi – aber nicht für Englisch und Französisch, denn Sprache ist auch immer Politik. Rassismus ist in allen Teilen des gesellschaftlichen Lebens verwurzelt.
In diesem Fall zeigt er sich als Linguizismus: die gezielte Geringschätzung von Minderheitensprachen. Als Edmund Stoiber 2006 beim politischen Aschermittwoch rief: „Wer randaliert, fliegt raus, und wer kein Deutsch kann, kommt gar nicht erst rein.“ meinte er bestimmt nicht die Dänen, US-Amerikaner und Holländer unter uns. Mittlerweile weiß man, dass es uns nicht geschadet hätte, unsere Muttersprachen als Kinder zu lernen, ganz im Gegenteil. Und es ist etwas, das wir nie aufholen werden können. Sprachlich wurden wir zwar assimiliert, gesellschaftlich aber trotzdem als „anders“ gelesen – als Ausländer in Deutschland, nur sprachlos.
Ein sicherer Rückzugsort in die Diaspora und die Heimatländer unserer Eltern bleibt uns damit verwehrt. Sprache ist auch Identität. Dem sind sich auch konservative und rechten Parteien bewusst. Die AFD forderte 2018, dass Deutsch als Sprache im Grundgesetz verankert werden sollte. Das Recht auf die eigene Muttersprache (UN-Konvention für Kinderrechte, Artikel 29, 1992) wird somit immer wieder angefeindet und gefährdet.
EN:
"Man spricht Deutsch" is an autobiographical art project by Sandra Singh and Francesco Giordano, which deals with everyday racism, German migration history and the media landscape of the 00s in a cooperative and experimental way.
For decades, politics and society have actively prevented the children of migrants from learning their mother tongue. "We speak German, even at home!" was the guiding principle that parents were strictly taught in kindergarten. The implication was clear: If the children learn a different language, their mother tongue and therefore their culture, then this is detrimental to their life in Germany - their school performance, their integration, their future. Whether it was the CSU's intended law that only German should be spoken at home or the law that was practiced, although nowhere written down, that there was a "Turkish ban" in the schoolyard - languages other than German were undesirable and harmful. But only certain languages. The social ostracism mainly applied to the languages of immigrant families: Turkish, Arabic, Albanian, Italian, Spanish, Farsi, Punjabi - but not to English and French, because language is also always politics. Racism is rooted in all parts of social life.
In this case, it manifests itself as linguicism: the deliberate disdain for minority languages. When Edmund Stoiber shouted at Political Ash Wednesday in 2006: "Anyone who riots will be thrown out, and anyone who can't speak German won't even get in", he certainly wasn't referring to the Danes, Americans and Dutch among us. We now know that learning our mother tongues as children would not have done us any harm, quite the opposite. And it is something we will never be able to catch up on. We may have been assimilated linguistically, but socially we were still read as "different" - as foreigners in Germany, only speechless.
We are thus denied a safe haven in the diaspora and the home countries of our parents. Language is also identity. Conservative and right-wing parties are also aware of this. In 2018, the AFD called for German to be enshrined as a language in the German constitution. The right to one's own mother tongue (UN Convention on the Rights of the Child, Article 29, 1992) is thus repeatedly attacked and jeopardized.